
Mitten im Sturm der aktuellen Tour haben sich die Lieblingspiraten aus dem karibischen Osnabrück die Zeit genommen, um mit Queen of Metal über ihre neuen Songs und die aktuelle Tour zu sprechen. Zudem haben wir uns über einige Pirat*innen, gesellschaftliche Verantwortung und über die kuriosen Wege, auf denen Feature-Kollaborationen entstehen, unterhalten.

Fenris (Redakteur bei QoM): Ihr seid jetzt wieder mitten auf Tour. Wie geht es euch allen?
Johannes: Ganz gut. Wir sind frisch erholt, wir hatten gerade ein paar Wochen Pause, aber wie du schon sagst, mitten auf Tour. Morgen ist das Bergfest. Aber Frankfurt hat Spaß gemacht, alle anderen Prozedere haben bislang Spaß gemacht, Stuttgart muss sich ein bisschen ranhalten jetzt.
Simon: Macht Bock. Neue Songs kommen auch gut an und so. [...] Man arbeitet da ja immer lange drauf hin auf so ‘ne Tour, man arbeitet die Choreografie und Dramaturgie für so ‘ne Show aus. Und wenn man dann merkt das funktioniert und man kann die Früchte ernten von einem langen Arbeitsprozess und dann kann man die Sahne abschöpfen, dann freut man sich. Und darum ist jedes Konzert eine Freude.
Blind Ranking – 5 Pirat*innen nach ihrem Kultstatus (wobei 1 die beste Position ist)
Fenris: Der erste Pirat wäre Jack Sparrow.
Simon: Würde ich persönlich auf die 5 setzen.
Esther: Ich hätte auch 5 gesagt.
Simon: Nichts gegen Jack Sparrow, ist super, aber wenn wir schon im Fluch der Karibik Law sind, dann ist der viel coolere Pirat Barbossa. Ist nicht so überspielt wie Jack Sparrow. Nimmt natürlich nichts von der Epicness, die Jonny Depp in dieser Rolle geschaffen hat, so fantastisch. Aber für mich persönlich ist Käptn Barbossa nochmal viel mehr DER Piratenkapitän.
… dann ist der viel coolere Pirat Barbossa. [Er] ist nicht so überspielt wie Jack Sparrow. [Das] nimmt natürlich nichts von der Epicness, die Jonny Depp in dieser Rolle geschaffen hat, [die ist] so fantastisch.
Johannes: Außerdem haben wir einmal zu oft gesagt bekommen „ey, du bist doch Captain Jack Sparrow“.
Christopher: Und einer hat mal wurde uns gesagt „Ey, guck mal, Robin Hood!“ Das hab ich nicht verstanden, muss ich sagen. Die drei Musketiere kam auch ab und zu mal, aber Robin Hood konnte ich nicht so ganz nachvollziehen.
Simon: Ja, das war mal ganz was Neues.
Fenris: Der nächste Pirat wäre Captain Hook.
Alle (begeistert): Oh! Schwer.
Simon: Welcher?
Johannes: Genau. Da gibt’s ja auch noch…
Simon: Also Dustin Hoffman…
Johannes: In Hook!
Simon: In dem Film Hook.
Johannes: Das ist schon Top Nodge.
Simon: Boar…
Johannes: Der in dieser neuen Peter Pan Verfilmung ist nicht so überzeugend.
Simon: Genau.
Johannes: Wenn es dieser junge Hook ist, der ist relativ lame…
Simon: Ich find auch den in dem Disney Zeichentrick, den find ich auch nicht so …
Johannes: Ja, der ist ok.
Simon: Ja ist ok. Also wenn wir… Sagen wir jetzt mal wir nehmen den Dustin Hoffman in dem Film Hook mit Robin Williams damals. Whoa, dann ist das ‘ne zwei… in der Hoffnung, dass Guybrush Threepwood oder (unverständlich).
Johannes: Ich wollte grade sagen, Worst Case 3. Es gibt halt noch so ‘n paar gute andere Piraten.
Simon: Genau.
Christopher: Was mich an Hook so ‘n bisschen stört ist, dass er mehr oder weniger halt kein origineller Charakter ist, sondern im Endeffekt… hauptsächlich ist er orientiert an dem historischen Bartholomew Roberts. Deswegen, dem haben sie nur ‘ne Hakenhand angeklatscht. Aber immerhin muss man da zugutehalten, dass sie damit eben die Hakenhand eben als Piratenaccessoire endgültig…
Simon: Genau, praktisch erfunden haben, weil das gab es in der Realität nicht in der Form.
Christopher: Ja, aber wenn wir es danach ranken, wie kulturell influencial, dann kommt Jack Sparrow nicht auf die 5. {die anderen nicken} Dann müssen wir vor allem für Long John Silver viel Platz nach oben lassen. Ich würde 3 sagen.
Simon: Ja, sagen wir 3. (die anderen stimmen zu).
Fenris: Wir wechseln ins historisch akkurate und kommen zu einer Piratin. Und zwar Mary Read.
Christopher: Ich habe jetzt auf Zheng Yisao gehofft.
Simon: Digga, krass.
Christopher: Die wäre wahrscheinlich wirklich auf Platz 1 bei mir.
Johannes: Also wahrscheinlich die 4, würde ich sagen. Also sie ist natürlich irgendwie sehr relevant, dadurch, dass sie natürlich zusammen mit der Anne Bonny eine der bekanntesten weiblichen Piratinnen ist…
Simon: Und auch eine der wenigen.
Christopher: Zumindest in diesem Kulturkreis.
Johannes: Aber sonst [gibt es] sehr wenig, was sie auszeichnet. Das muss man leider sagen. Es gibt sehr wenige Geschichten, die man halt mit Mary Read unmittelbar in Verbindung bringen kann.
Simon: Genau, dann schon mehr Anne Bonny tatsächlich.
Johannes: Genau, das ist schon gerade eben in einem historischen Kontext sehr bemerkenswert, aber…
Simon: Ja, Mary Read auf die 4.
Fenris: Über diesen Piraten habt ihr sogar einen Song auf dem neuen Album: Blackbeard
Simon: Ja, Blackbeard auf die 1!
Esther: Oder pokern wir auf Guybrush.
Simon: Wenn Guybrush kommt, also…
Johannes: Ist vieles, aber kein wirklich guter Pirat.
Simon: Nein, darum geht’s ja nicht, es geht ja nur im den Kultpiraten und das ist Guybrush Threepwood für mich ohne Wenn und Aber, also für meine persönliche Biografie. Ähm (dreht sich zu Fenris) und du hast ja gesagt, wir wechseln ins Historische, darum poker ich ein bisschen drauf, dass auch der letzte ‘ne historische Figur ist und dann könnte es von den Bekannteren Henry Morgan sein, dann könnte es Klaus Störtebeker sein. Eh, darum, da in diesem Kontext würde ich sagen, immer Blackbeard auf die 1.
Esther: Dann ja.
Simon: Einfach ein epischer…
Johannes: Blackbeard auf die Main.
Christopher: Ja wo wir halt auch… der war ja auch hauptsächlich extrem berühmt, aber er war ja sehr… also der hatte ja ‘ne Karriere von eineinhalb Jahren, dann war er tot, aber dann…
Simon: Genau, aber hat halt eben ein paar coole Character Traits, die ihn auszeichnen. Dass er halt eben sehr, sehr viel auf Gewalt verzichtet hat und so.
Christopher: Zumindest, soviel man weiß, zumindest seinen Feinden gegenüber.
Simon: Genau.
Christopher: Angeblich hat er ja regelmäßig auf seine eigenen Leute geschossen, so.
Simon: Ja und das nachzuweisen… Ja, ne, Blackbeard ist schon eine wahnsinnig epische Figur und, der wir mit Sicherheit ‘ne Menge der Romantisierungen zu verdanken haben, die Piraten so in den popkulturellen Medien …ehm, und damit auch unsere Band. Dementsprechend würde ich Blackbeard auf die 1 setzen.
Christopher: Ja gut, sagen wir!
Esther: Dann ist jetzt die Frage, wer ist damit auf Nummer 2.
Fenris: Es bleibt der Lieblingspirat von dem legendären Captain Blake auf eurem Album: Long John Silver.
Simon: Aber ehrlich gesagt ist das ne…
Johannes: Da ist Blackbeard schon nochmal bisschen cooler!
Simon: Ja, Blackbeard ist nochmal ‘n bisschen cooler und Long John Silver ist schon ‘ne gute 2.
Christopher: Ja, und wenn man, also wenn man guckt wie viele Piratenshows „Die Schatzinsel“ so begründet hat. Ich hatte so Relationen so, also der Pirat mit dem Holzbein, obwohl niemand ein Holzbein hat eigentlich. Oder der sprechende Papagei.
Simon: Wobei, ehrlich gesagt der Pirat mit dem Holzbein, also Holzbein so grundsätzlich in Seefahrerromantik ist auch viel Captain Ahab geschuldet…
Christopher: Ja, aber der war früher, aber seit Long John Silver ist das untrennbar mit Piraten verknüpft.
Simon: Isso! Jaja, „Die Schatzinsel“, episches Werk, was …
Christopher: [Und] diesen „Arrr“-Akzent erfunden hat!
Simon: Genau, dieses Pirate Speech mäßige und so.
Christopher: Wo er seinen Westcountry Akzent so auf elf gedreht hat und dann…
Simon: Ja, ehm… stabiles Ranking. Also wir haben Blackbeard, Long John Silver, Captain Hook, Mary Read …
Johannes: …und Jack Sparrow.
Simon: Ja, ist doch super! Platz 0: Guybrush Threepwood!
Johannes: Alle anderen Plätze: Captain Blake!
Fenris: Ihr habt es jetzt das erste Mal mit eurem Album nicht nur in die Top 10 der Charts geschafft, sondern auch das erste Mal, wenn ich es richtig gesehen habe, in die Top 5.
Alle gleichzeitig: (verneinen)
Christopher: Die Alben vorher waren auch schon in den Top 5.
Simon: Ich glaube es ist die vierte… fünfte Top 10 Platte und dritte Top 5… (überlegt kurz) ‘ne vierte Top 5!
„Tortuga“ ist Platz 5 gewesen, „Leviathan“ [Platz] 7, „Seemannsgrab“ und „Leuchtturm“ beide [Platz] 3 und „S.O.S“ jetzt [Platz] 4.
Fenris: Oh, dann habe ich da falsche Quellen zu Rate gezogen.
Johannes: tzz tzz tzz… nicht zu viel ChatGPT fragen!
Fenris: Wie ist das für euch mit „S.O.S“: Reiht sich so eine Platzierung in eure Erfolgsreihe ein oder seid ihr nach wie vor überrascht, wenn euer Album in den Charts landet?
Esther: Tatsächlich, es überrascht einen immer wieder und es überrascht einen auch, welche Songs dann gut ankommen, weil das kann man tatsächlich beim Songwriting überhaupt gar nicht einschätzen. Es passiert immer mal wieder, dass wir ‘nen Song schreiben, wo wir denken „Boah, das ist mega geil“ und der ist dann „so okay“ bei den Fans. Und dann schreiben wir ‘nen Song, wo wir denken: „Ach, ist jetzt nicht der geilste auf der Platte, aber ist schon auch gut“ - und die Fans gehen dann mega ab. Das ist immer total unterschiedlich vom Songwriting und wie es dann tatsächlich ankommt, das kann man überhaupt nicht einschätzen.
Fenris: Vielleicht wird man auch ein bisschen betriebsblind, wenn man die eigenen Songs schon so oft gehört hat?
Simon: Das ist so, ja. Und man ist natürlich irgendwie, wenn man ‘ne Platte rausgebracht hat. Und man ist jetzt im besten Fall von all dem, was man gemacht hat überzeugt, feiert das dann voll ab… ähm genau. Da gibt’s eben manchmal Überraschungen von Songs, die dann völlig durch die Decke gehen. Manchmal hat man das auch beim Songwriting schon, aber längst nicht immer. Aber klar, ‘ne Platte, die in die Top 10 kommt, rauszubringen mit so einem albernen Konzept wie wir das fahren, mit Ringelstrümpfen auf der Bühne und so, ist natürlich, das ist nicht so ‘ne große Überraschung, sondern eher eine riesengroße Freude!
Fenris: Und ihr habt auf diesem Album auch gleich mehrere Features dabei, insgesamt vier Stück. Habt ihr vielleicht Lust, von der ein oder anderen Story zu erzählen, wie es zu dieser Zusammenarbeit kam und wie die Songidee dazu entstanden ist?
Johannes: Es ist zum Beispiel sehr interessant, wie es zu der Zusammenarbeit mit den WARKINGS kam, weil da haben wir auf dem Wacken gespielt und die hatten die Garderobe neben uns. Wir kannten uns nicht, wir haben auch auf einer anderen Bühne gespielt…
Simon: Nee, haben wir nicht.
Johannes: Ah ja, stimmt. So, die waren in der Garderobe neben uns und haben dann angefangen, sich auf ihr Konzert einzustimmen. Die haben da so ‘ne spezielle Playlist für… und plötzlich hören wir da unsere Musik ! (lacht) Da lief dann plötzlich „Knüppel auf‘n Kopp“ und da waren wir so „Moment mal!“ Und so ist man dann halt irgendwie ins Gespräch gekommen, wir finden denen ihr Konzept ja auch sehr amüsant. Und dann haben wir uns länger unterhalten und waren uns dann schnell einig „lass mal irgendwas zusammen machen“, weil die heißen ja schon Warkings und die haben einen Römer, einen Spartaner, Wikinger, die haben ‘ne Hexe und ‘nen Kreuzritter.
Esther: Und da fehlte noch ‘n Pirat.
Johannes: Da fehlte noch ‘n Pirat! Also kann man ja noch ‘ne Version „Pirateking“ machen. Und das haben wir dann verabredet, dass wir das mal machen würden.
Simon: Also sehr konkret. Ich hab das erste Mal eine volle Show von denen gesehen in Bielefeld, da waren die zusammen auf Tour mit SUBWAY TO SALLY. Subway to Sally sind ganz alte Freunde von uns. Und da hab ich das erste Mal ‘ne ganze Warkings Show gesehen. Das ist ja nun völlig übertrieben (fuchtelt wild mit den Händen): alles brennt die ganze Zeit und da sind da Ritter und Wikinger. Da ist da ein Typ als griechischer Gott verkleidet mit ‘nem Riesenhammer und der steht im Circlepit (macht Schleuderbewegungen und lacht) … so völlig over the top. Und ich hab nur gedacht: Das ist das Geilste, was ich je in meinem Leben gesehen habe. Ich bin danach wirklich in den Backstage gegangen und hab wörtlich gesagt „okay, Leude, wann bringen wir zusammen ‘nen Song raus, der heißt „All hail the Pirateking“. Und dann hab ich an dem Abend noch ‘nen Refrain dafür geschrieben. Und die haben gesagt „Ey, das ist geil, lass das machen“ und dann hab ich am Abend im Backstage noch ‘nen Refrain dafür hingescribbelt, irgendwie. Und dann haben wir uns verabredet und „ja machen wir das jetzt echt?“ und so… So ist das entstanden.
Fenris: Von der Metalcommunity seid ihr ja ohnehin schon sehr lange akzeptiert, sodass das jetzt ja eigentlich super reingepasst hat. (alle nicken / stimmen zu)
Christopher: Noch so eine überraschende Sache in unserer Karriere, die wir so nicht haben kommen sehen, aber wir freuen uns drüber.
Simon: Ist ja auch auf der Platte sogar der zweite Metalsong. Wir haben ja zwei davon. „Auf in die Schlacht“ mit ASENBLUT. Und Asenblut ist ja auch ne Metalband, ne Viking Metal Band.
Fenris: Meine nächste Frage habt ihr eigentlich schon beantwortet. Eure neuen Lieder kommen auf der aktuellen Tour also live gut an.
Simon: Wir haben das Gefühl. Wir spielen ja nicht alle. Also zwei oder drei Lieder der Platte spielen wir auch live, aber sonst…eh. Weil man muss ja auch noch ein bisschen paar Classics spielen. Ja, aber es kommt super an, hab ich das Gefühl.
Fenris: Ihr habt eine Besonderheit bei dieser Tour. Und auch auf vorherigen Touren hat man gesehen, dass gerade Hamburg immer gut bei euch läuft. Jetzt habt ihr da gleich zwei ausverkaufte Shows, während in Pratteln zu wenige Tickets verkauft wurden. Wie sehr ihr eure Expansion im deutschsprachigen Raum?
Simon: Bei Pratteln muss man sagen, da sind ein paar unglückliche Zufälle zusammengekommen, da kann ich jetzt mal ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Und zwar sollten wir eigentlich in Winterthur spielen. Und das wäre dann ein Auftritt gewesen in einem ganz, ganz kleinen Laden mit 500 Leuten oder so, wirklich ganz klein. Der Laden ist aber sehr kurzfristig, nämlich zwei Tage vor Ankündigung der Tour, ist da was dazwischengekommen und die mussten uns den Auftritt aufkündigen. Und Pratteln, die Konzertfabrik Z7 ist sozusagen in die Bresche gesprungen und hat gesagt, ihr könnt bei uns die Show spielen.
Christopher: Ja, große Probs an den Laden…
Simon: Genau, großes Kompliment, vielen, vielen Dank an den Laden! Jetzt ist es aber so, dass das Z7 in Pratteln 1600 Leute fasst. Die Show war auf ‘nem Sonntag und Pratteln ist auch nur nicht mal ‘ne Stunde weg von Hunziken, wo wir morgen spielen. All diese Faktoren sozusagen haben dazu geführt, dass wir nicht genug Tickets verkauft hatten, dass das… Also, so ‘n großer Laden ist ja auch einfach wahnsinnig teuer in der Produktion, da müssen einfach viele, viele tausend Euro erstmal verdient werden, dass sich das… eh… akklimatisier… finanziell. Und da waren wir einfach so weit von entfernt, dass wir gesagt haben für uns, aber auch für den lokalen Veranstalter, der hätte sich da auch ein ordentliches Loch in die Tasche gerissen, konnten wir‘s nicht machen. Ich kann jetzt schon mal spoilern: Wir werden nach Pratteln wieder hinfahren, dann halt dieses Mal auf ‘nen Samstag statt auf ‘nen Sonntag und nicht mit ‘ner Show direkt nebenan, ne. Das wird schon wieder passieren, aber auf dieser Tour haben wir da leider einen kleinen Rückschlag erlitten.
Ja, und auf Hamburg ist immer Verlass, das ist für uns so ziemlich das stärkste Pflaster, nah am Meer.
Fenris: Ja, vielleicht liegt es daran. Oder was ist eure Vermutung, warum gerade in Hamburg so viele „Muschelschubser“ unterwegs sind?
Christopher: Ja, anscheinend können die mit maritimen Themen was anfangen.
Johannes: Wobei man der Fairness halber sagen muss, dass auch München zum Beispiel ‘ne sehr, sehr starke Pulveraffen-Base ist. Und die sind ja nun nicht ganz so nah am Meer.
Christopher: Ja stimmt.
Simon: Stimmt. Also die stärksten Tourstädte sind meistens in den Vorverkaufszahlen Hamburg, München und Köln, so. Hannover ist auch meistens gut. Ich könnte mir das in Hamburg so erklären, dass wir in ganz frühen Jahren, also wir angefangen haben, die ersten fünf / sechs Jahre sehr, sehr, sehr viel im Norden gespielt haben, weil wir auch aus Norddeutschland kommen und das alle so doll nebenbei gemacht haben, dass wir nur zehn Konzerte im Jahr gespielt haben. Dass wir teilweise wegen Studium und anderen Sachen gar nicht so weit fahren konnten. Das heißt, wir haben die ersten Jahre erstmal fast nur in Norddeutschland Konzerte gespielt. Und das wurde dann erst nach und nach mehr, dass wir auch mal bis München runter oder sogar irgendwann dann auch mal über die Grenze, Österreich und in die Schweiz und so. Aber da sind wir sozusagen immer noch im Aufbau.
Fenris: Ich würde gerne mit euch über eure gesellschaftskritische Seite sprechen. Das ist ja jetzt nichts neues bei euch, trotzdem…
Johannes: …überrascht es immer wieder Leute.
Fenris: Ja (lacht). Ihr habt diese zwei Reels zu eurem Regenbogen Merchandising und da sind die Kommentare ja richtig abgegangen. Und jetzt stellt sich dem aufmerksamen Zuhörer die Frage: Von wem werdet ihr jetzt eigentlich dafür bezahlt?
Alle lachen
Simon: Von der Antifa GmbH.
Christoph: Von der Antifa GmbH und der Deutschland GmbH.
Simon: Und den ganzen linksradikalen NGOs natürlich.
Fenris (lacht): Werden wir kurz ernst. Da standen ja schon teilweise Sachen drunter, die ja schon auch sehr persönlich wurden. Wie geht ihr emotional damit um?
Johannes: Also, wenn das persönlich wird, dann kann man da noch drüber lachen. Aber da waren teilweise Gewaltandrohungen. Also, wenn die Leute meinen, wir seien dumm, weil wir irgendwie ein paar Farben auf ein T-Shirt drucken, okay. Wir hatten da Leute, die meinten „Heute würde ich mich noch im KZ als Heizer anstellen lassen. Das sind dann Sachen, die da kommen! Und da muss man dann wirklich sagen, das hat mit ‘nem Diskurs ja schon gar nichts mehr zu tun.
Simon: Ja, und ich muss auch gestehen: Es mag Leute geben, die da so ‘ne Kommentarsektion komplett ignorieren können und die da einfach nur drüber lachen können. Das geht mir überhaupt nicht so, mir geht das schon nah, ehrlich gesagt. Wenn da hunderte Kommentare sind, die mich anfeinden oder die politische Sachen posten, wo man denkt: „Wo bist du denn in deinem Leben falsch abgebogen?“. Also, das trifft einen dann irgendwie schon. Wenn dann da drunter steht: „Warum kein Schwarz – Weiß – Rotes Shirt?“ oder sowas.
Fenris: Was ich an der Stelle bewundernswert fand, bei knapp 2.500 Kommentaren, dass ihr Hass keinen Raum gegeben habt.
Johannes: Wir bekommen tatsächlich heute immer noch Kommentare deshalb.
Fenris: Sicherlich wegen des Algorithmus.
Johannes: Ja, das wird immer mal wieder irgendwie so schubweise wieder in irgendeine rechte Bubble reingespült und dann regen sich wieder ein paar Leute auf.
Johannes: Das wichtige ist, wir bekommen aber auch ganz viele positive Rückmeldungen.
Simon: Ja, wir haben auch ganz viele Leute, die sich auch für uns da einsetzen.
Johannes: Wir haben gestern noch auf der Bühne gesagt: „Ja, wir bekommen dann irgendwie jedes Mal wieder böse Mails“ und nur wegen dieser Ansage hat uns jemand gestern eine nette Mail geschrieben (alle lachen), wo er gesagt hat: „Ich finde gut, dass ihr das macht. Das einzige Problem ist, dass ich jetzt Muskelkater vom Tanzen habe.“
Alle: Awwww.
Johannes: Das sind dann die Nachrichten, über die freuen wir uns natürlich auch. Und die vergisst man natürlich ganz, ganz schnell, weil man sich dann so auf die negativen Sachen konzentriert, weil einen das wirklich wütend macht. Wie gesagt, wenn jemand meint, mich da persönlich angreifen zu müssen, ja das kann ich ignorieren. Aber wenn da wirklich da diese offen menschenverachtende… Natürlich wird man wütend, und man regt sich auf, weil man sich denkt, da gehört ja einiges dazu nicht nur so zu denken, sondern auch sich in der Öffentlichkeit so sicher zu fühlen, das einfach zu schreiben. Und das ist dann irgendwie schon ein gesamtgesellschaftliches Problem. So, und das regt einen dann auf und dann fokussiert man sich sehr darauf und dann übersieht man manchmal die sehr vielen, sehr positiven Kommentare. Und die bekommen wir zum Glück auch! Auch bis heute, dass sich die Leute sehr darüber freuen.
Christopher: Nicht nur die Kommentare, wir sehen eben auch sehr viele Leute auf unseren Konzerten, die mit genau diesen Shirts dann rumlaufen.
Simon: Ja, und diese Leute, die dann diese bösen Sachen schreiben, das ist dann auch alles so Internetritter, die sich nicht auf ein Konzert trauen, um irgendwie was dagegen zu sagen. Du wirst es heute Abend sehen, wir spielen den „Haifisch“ heute und die Leute… es gibt immer mal wieder Leute, die nach Hause gehen, aber es ist ein verschwindend geringer Teil. Die allermeisten Leute, die ein Pulveraffen Konzert besuchen, finden das zum Glück ganz gut, wie wir uns positionieren.
Fenris: Gleichzeitig sorgt ihr dafür, dass eure Konzerte ein Safespace werden.
Johannes: Genau, das ist die große Hoffnung.
Fenris: Eine letzte Frage habe ich noch für euch: Was passiert denn nach der Tour? Geht es für euch erstmal auf die einsame Insel zum Entspannen oder…?
Simon: Mehr oder weniger tatsächlich, ja. Also wir haben dieses Jahr wirklich seit Beginn des Jahres ohne Pause durchgearbeitet. Wir haben das Album geschrieben, aufgenommen, produziert, rausgebracht, beworben und so weiter und sofort, parallel den ganzen Festivalsommer, jedes Wochenende mehrere Konzerte. Also wir haben dieses Jahr glaube ich 80 Konzerte gespielt. Wir sind sehr aktiv, nächstes Jahr wird das aber tatsächlich ein bisschen anders. Wir werden nächstes Jahr sehr, sehr viel weniger Konzerte spielen, weil wir merken: „Okay, dieses Jahr war einfach brutal“. Also, da hat man kaum mal einen Moment gehabt, um durchzuatmen und nach der Tour werden wir uns wahrscheinlich alle erstmal ein paar Wochen komplette Auszeit gönnen. Und dann geht es natürlich auch schon wieder ans Schreiben für die nächste Platte. Also, da sind wir jetzt schon wieder dabei, insofern. Die Ideen sprudeln weiter. Es passiert ja immer wieder, dass man nachts aufwacht: „Ah, da ist ja noch ein Wortspiel, das haben wir so noch nicht benutzt“.